Ein Denkmal für Kaiser Wilhelm

Plan für ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal
Plan für ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal

[Rheinprovinz, 1890] Bald nach dem Tod Kaiser Wilhelms I. wollte man ihm auch in der Rheinprovinz ein Denkmal errichten. Für viele Rheinländer, die stolz waren auf das Reich und den alten Kaiser, war das Ehrensache.

Und zwar nicht irgendein Denkmal – ein Reiterstandbild sollte es sein. Denn so ehrte man seit jeder Menschen, die außergewöhnliche politische oder militärische Leistungen vollbracht hatten.

Gesucht: ein Platz für ein Denkmal

Viele Vorschläge gingen ein. Der Königliche Baurat Maertens schlug vor, das Denkmal auf dem Hardtberg oberhalb von Königswinter aufzustellen. Doch dafür hätte man erst einmal eine gewaltige Plattform bauen müssen, damit man die Reiterstatue neben dem Schloss Drachenburg überhaupt wahrnahm. Das würde teuer, aber nicht schön, und „das allerschönste Denkmal, an der allerschönsten Stelle harmonisch in die Natur gebaut“ sollte es schon sein.

Dann kam ein neuer Vorschlag auf den Tisch. Schloss Drachenburg mit dem umgebenden Park sollte in einen „Kaiser-Wilhelm-Park“ umgewidmet werden, mit dem Schloss als „Kaiser-Wilhelm-Burg“ und dem umgebenden Terrain als Festplatz. Ein Denkmal alleine reichte ja nicht, um viele Besucher anzuziehen, wenn es nicht auch an einem schönen Platze stünde. Zudem hatte Baron Sarter sein Schloss zum Kauf angeboten.

„Die sollen mal bloß ruhig sein“, schimpfte Emil Bergmann vor sich hin, „ohne Humbroich und seinen Rettungsverein hätten wir gar keine allerschönste Stelle in der Natur mehr, wohin man das Denkmal setzen könnte! Oder wie hätte sich das allerschönste Denkmal neben dem allerschrecklichsten Steinbruch an der Rheinseite des Petersberg gemacht?“

Ein schlimmer Steinbruch an der Rheinseite des Petersbergs

Dieser allerschrecklichste Steinbruch am Petersberg war aufgemacht worden, während am Drachenfels die Zahnradbahn gebaut worden war. Bald empfanden viele Menschen ihn als „klaffende Wunde“ und litten mit dem Petersberg.

Der Bonner Justizrat Humbroich hatte den Kampf aufgenommen, und Kampfgeist sowie Standfestigkeit hatte er wahrlich gebraucht. Eine Immediatangabe 1884 an den damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm war vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz abschlägig beschieden worden. Schlimmer noch, kurz drauf hatte die Provinzialverwaltung den Steinbruch erworben und ihn selbst ausgebeutet, noch intensiver als bisher.

Bei aller Sympathie hatte sich der Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS), und Humbroich war selbst Vorstandsmitglied, nicht an vorderster Front gegen die Autoritäten der Rheinprovinz stellen wollen. So hatte man entschieden, einen eigenen „Verein zur Rettung des Siebengebirges“ mit Humbroich an der Spitze zu gründen. Wenige Tage später hatte sich der VVS solidarisch erklärt. Humbroich hatte viele Menschen für sein Anliegen gewinnen können. Beim Provinziallandtag in Düsseldorf stieß er auf taube Ohren gestoßen.

Das Blatt wendete sich zu seinen Gunsten, als die preußische Staatsbahn die Frachttarife für Steine herabsetzte und es günstigere Alternativen zu Steinen aus dem Siebengebirge gab. Der Druck der öffentlichen Meinung nahm zu, zumal der Petersberg mit dem Hotel und der Zahnradbahn viele Touristen anzog. Der Rettungsverein wandte sich nun an den Preußischen Landtag in Berlin, und der war aufgeschlossener als der Provinziallandtag.

Endlich gab die Provinzialverwaltung nach. 1889 verkaufte sie das Steinbruchgelände dem Besitzer des Hotels auf dem Petersberg mit der Auflage, dass der Steinbruch nicht mehr betrieben werden dürfe. Das war im letzten Jahr gewesen. „Hallelujah“, dachte Emil, „jetzt kann die Wiederaufforstung am Petersberg beginnen.“

Ein Weinfest für Lottie

Auch in diesem Sommer war Sophie mit ihren Kindern wieder zu Besuch auf dem Weingut Bergmann. Auch ihr Mann Graf Andras war dabei, denn es war es ein besonderer Besuch. Lottie hatte gerade ihren Schulabschluss gemacht, und würde bald auf dem Weingut Bergmann das Winzerhandwerk erlernen. Gerade hatten sie den Ausbildungsvertrag unterschrieben. Lotties Eltern und Bergmanns wollten alle Formalitäten gewahrt sehen, damit Lotties Qualifikation nicht später durch einen Formfehler angezweifelt werden konnte. Noch immer waren Frauen schlechter gestellt, und der größte Teil der wilhelminischen Gesellschaft rümpfte die Nase, wenn sich eine junge Frau nicht in die traditionell für sie vorgesehene Rolle schickte.

Zu Lotties Ehren gaben Emil und Lena ein Fest. Gerade tanzte Lottie mit Matthias, Susans Cousin. Seit ihrer Kindheit waren Susan, Lottie und er befreundet. Auch Sophie war von dem jungen Mann sehr angetan. Sie ahnte, dass die beiden mehr verband als nur ihre Jugendfreundschaft.

Sophie würde es schwer fallen, ihre Tochter nicht mehr um sich zu haben, doch sie taten das Richtige für Lottie, und allein das zählte. Plötzlich musste sie an ihre verstorbene Schwiegermutter Gräfin Katalyn Csabany denken. „Eine typische Diplomatenfrau, wie man sie in vielen Damenkränzchen trifft, wird aus Dir wohl nie werden!“ hatte sie damals zu ihr gesagt. Auf Lottie traf das genauso zu. Da kam sie schon an den Tisch. „Mama?“, fragte sie, „woran denkst Du? Du warst gerade ganz weit weg?.“ „An Deine Großmutter Gräfin Katalyn“, sagte Sophie lächelnd, „Du kommst ganz nach ihr, und sie würde sich jetzt sehr für Dich freuen.“

Entscheidung für das Deutsche Eck

Über das Kaiser-Wilhelm-Denkmal wurde noch lange und ausgiebig diskutiert. Kaiser Wilhelm II., dem die Standortentscheidung oblag, entschied sich schließlich für Koblenz und die Stelle am Zusammenfluss von Mosel und Rhein, das Deutsche Eck. „Das ist auch sicher besser so“, dachte Emil Bergmann.

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