Wiener Kongress

Europa nach dem Wiener Kongress
Europa nach dem Wiener Kongress

[Berg, Oktober 1814 – Juli 1815] In Wien tagten die Staatsmänner Europas, doch Napoleon hatte längst noch nicht aufgegeben. Im nunmehr preußischen Berg baute man eine neue Verwaltung auf.

Knapp ein Jahr war es nun her, dass Justus Gruner das Generalgouvernement Berg übernommen hatte und Hubert Limbach in seiner Administration war. Im Februar 1814 war Justus Gruner nach Trier ins neu gebildete Generalgouvernement Mittelrhein gewechselt. Das Generalgouvernement Niederrhein mit Sitz in Aachen übernahm Johann August Sack.

Napoleon ist geschlagen

Seither war einiges geschehen. Napoleon war geschlagen, die Alliierten waren in Paris einmarschiert. Im Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 hatte Napoleon abdanken müssen, die Königsherrschaft der Bourbonen war wiederhergestellt und Napoleon ins Exil nach Elba gedrängt. Über die Neugestaltung Europas sollte ein Kongress aller beteiligten Mächte entscheiden, zu dem der österreichische Staatskanzler Metternich geladen hatte. Schon damals hatte sich abgezeichnet, dass die Rheinlande wohl an Preußen fallen würden. Am 15. Juni 1814 ging die Verwaltung des Generalgouvernements Berg an Preußen über; Justus Gruner kehrte wieder als Generalgouverneur nach Düsseldorf zurück.

Europas Staatsmänner in Wien

Vom 18. September 1814 bis 9. Juni 1815 tagten die Staatsmänner Europas im Palais am Ballhausplatz in Wien. Österreich wurde durch Staatskanzler Klemens Wenzel Lothar von Metternich vertreten, Preußen durch Minister Hardenberg, Russland durch Zar Alexander I. selbst. Hubert Limbach war wütend gewesen. Wer vertrat eigentlich die Rheinlande? Auf jeden Fall niemand aus der Region selbst. Das alte Reich mit seinen Kurfürsten und Erzbischöfen gab es nicht mehr, und das französische Großherzogtum Berg war auch Vergangenheit. Nun schacherten die Großen Europas um die Gebiete, als gäbe es kein Selbstbestimmungsrecht der Völker. Und schachern taten sie.

Als Napoleon besiegt war, brachen die alten Differenzen und Eifersüchteleien wieder aus. Das spielte dem Vertreter Frankreichs, Talleyrand, in die Hände. Er war ein überaus geschickter Diplomat, der schon unter dem Ancien Régime, der Revolution und Napoleon seinen Einfluss zu wahren gewusst hatte. Der Kongress drohte zu platzen, Preußen machte mobil, fast alle anderen Staaten schlossen ein Bündnis gegen Preußen und Russland – und das geschlagene Frankreich war wieder ein gefragter Bündnispartner.

Napoleon ist zurück!

Doch dann erreichte eine alarmierende Nachricht den Kongress: Am 1. März 1815 war Napoleon mit einigen Hundert Mann in Südfrankreich gelandet. Viele Menschen jubelten ihm zu und Truppen, die ihn bekämpfen sollten, liefen zu ihm über. Die Alliierten waren aber keinesfalls bereit, eine neue Herrschaft Napoleons anzuerkennen. Am 13. März erklärten ihn die Mächte auf dem Wiener Kongress als geächtet. Am 25. März schlossen Großbritannien, Österreich, Russland und Preußen erneut einen Koalitionsvertrag. Die Schlussakte wurde am 9. Juni 1815 unterzeichnet, wenige Tage später, am 18. Juni, erlitt Napoleon bei Waterloo eine vernichtende Niederlage gegen die vereinigten englischen Heeren und Wellington und Blücher. Zum zweiten Mal musste Napoleon abdanken; er wurde auf die Insel St. Helena im Südatlantik verbannt und starb dort 1821.

Gleichgewicht der Kräfte

Die vom Wiener Kongress beschlossene Ordnung sicherte das Gleichgewicht der Kräfte in Europa. Frankreich kam gut weg, seine neuen Grenzen waren ungefähr die von 1789. Österreich verzichtete auf die österreichischen Niederlande, erhielt dafür Tirol, Salzburg, die Lombardei und Venetien. Russland bekam u.a. den größten Teil Polens („Kongresspolen“), England bekam u.a. Hannover zurück. Preußen bekam nicht wie gewünscht Sachsen, sondern das Rheinland und Westfalen. Zur Sicherung der neuen Ordnung schlossen sich Russland, Österreich und Preußen am 26. September 1815 zur Heiligen Allianz zusammen; später traten ihr die meisten europäischen Staaten bei.

Deutscher Bund

Ein Sonderkomitee des Wiener Kongress beschäftigte sich mit der Frage, wie es in Deutschland weitergehen sollte. Im ersten Pariser Friedensvertrag war den deutschen Staaten und freien Städten ihre Unabhängigkeit zugesichert und die Vereinigung durch ein föderatives Band angedacht worden. Nun standen Interessen gegeneinander. Keiner der Herrscher war bereit, zugunsten einer Zentralmacht zurückzustecken. Weder Kaiser Franz I. von Österreich, noch Friedrich Wilhelm III. von Preußen, noch die Herrscher der Mittelstaaten wie Bayern, Württemberg oder Hannover. Preußen war durchaus für eine stärkere Einigung Deutschlands, aber unter seiner Führung, und dagegen wandten sich die kleineren Staaten und Österreich.

Schließlich kam nur ein loser Staatenbund, der „Deutsche Bund“ zustande. Das Gründungsdokument, die Bundesakte, wurde am 8. Juni 1815 unterzeichnet. Seine oberste Behörde war der Bundestag in Frankfurt. In ihm saßen nicht, wie heute, frei gewählte Volksvertreter, sondern Gesandte der einzelnen Bundesstaaten, den Vorsitz hatte Österreich. In Artikel 13 der Bundesakte stand, dass alle Bundesstaaten eine Verfassung bekommen und das Volk durch seine Stände vertreten wird. Aber nur einige Mittel- und Kleinstaaten hielten sich daran.

Die Staatsmänner waren zufrieden, viele Menschen aber waren tief enttäuscht, auch Hubert Limbach am Rhein. „Jetzt, da Napoleon besiegt ist und die Fürsten wieder obenauf sind, wollen sie von ihren Versprechen nichts mehr wissen“, dachte er. Und noch etwas ging ihm nicht aus dem Kopf. Er hatte vom Wiener Kongress gelesen, dass König Friedrich Wilhelm III. alle Entscheidungen selbst traf. Während Hardenberg wenigstens noch Teil der preußischen Delegation war, konnte Stein nur im Türrahmen stehen und zusehen. Ausgerechnet der Mann, auf den viele ihre Hoffnungen setzten …

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