Rheinlandfragen

Separatistenpartei RRVP, 1921
Separatistenpartei RRVP, 1921

[Rheinprovinz, 1920/22] Nach dem gescheiterten Putsch in Wiesbaden im Juni 1919 war der bislang prominenteste Separatist Dorten für einige Monate weg vom Fenster. Dafür machte nun Joseph Smeets von sich reden.

Smeets und die Rheinische Republikanische Volkspartei

Smeets war Herausgeber und Eigentümer der separatistischen Zeitung „Rheinische Republik“. Max kannte ihn vage. Smeets war 1919 wie er in der USPD gewesen und hatte versucht, diese auf einen separatistischen Kurs zu bringen, doch nach Abstimmungsniederlagen waren er und seine Anhänger aus der USPD ausgetreten.

Dann hatte Smeets Anfang 1920 die „Rheinisch-Republikanische Volkspartei“ (RRVp) gegründet. Er wollte nicht Autonomie innerhalb des Reiches, sondern einen unabhängigen Rheinstaat. Nur ein unabhängiges, neutrales Rheinland, so argumentierte er, könnte als Puffer zwischen Frankreich und Deutschland friedenssichernd wirken und dazu beitragen, den preußischen Militarismus zu zerschlagen. Die Gesellschaftsordnung in seinem Rheinstaat – Smeets war ein Linker – sollte sich ganz an den Arbeitern und Bauern orientieren. Daher agitierte die RRVp vor allem in der Arbeiterschaft. Dortens Rheinische Volksvereinigung (RVV) war für Smeets „reaktionär“.

Seit September 1920 trafen sich die Delegierten der RRVp im französisch besetzten Bonn. Am 26. Juni 1921 kamen zu einer Delegiertenkonferenz in Bonn 209 Vertreter der Ortsgruppen aus dem Rheinland. Man hielt Reden und verabschiedete Resolutionen: neutrales Rheinland und Freiheit von Preußen! Laut Smeets hatte seine Partei inzwischen mindestens 145.000 Mitglieder. Das hielt der britische Vertreter in der Rheinlandkommission für arg übertrieben, dennoch hielten die Behörden Smeets und seine RRVp im Auge.

Königswinterer Erklärung

Auch die anderen Parteien bezogen nun Stellung. Vertreter der größeren Parteien trafen sich am 9. Juni 1921 in Königswinter und verabschiedeten eine Erklärung. Für die nächste Zeit wollten sie auf jede Initiative zur Einleitung einer Volksabstimmung nach Artikel 18 Weimarer Verfassung im Rheinland verzichten.

Die Staatsanwaltschaft Köln lädt Smeets vor

Im Juli wurde Smeets von der Staatsanwaltschaft Köln vorgeladen, denn er wurde beschuldigt, in seiner Zeitung einen Beamten beleidigt zu haben. Smeets beschwerte sich bei Rheinlandkommission, dass man ihn wegen einer politischen Meinungsäußerung verfolgte. Das Verfahren wurde auf den 5. Dezember vertagt. Doch an diesem Tag erschien Smeets nicht. Polizeibeamte kamen zu seiner Wohnung, um ihn festzunehmen. Smeets fürchtete, dass man ihn in unbesetztes Gebiet verbringen und dort des Verrats anklagen würde. Daher verlangte er, den britischen Vertreter zu sprechen, und dank der Intervention dreier anwesender französischer Journalisten wurde es möglich. Der britische Vertreter hielt den Haftbefehl für rechtmäßig, verfügte aber, das Smeets nicht in unbesetztes Gebiet verbracht werden durfte.

Uneinigkeit in der Rheinlandkommission

Smeets brachte seinen Fall vor die Rheinlandkommission. Der französische Vertreter Tirard verlangte Smeets‘ Freilassung, der belgische Vertreter schloss sich ihm an. Der britische Vertreter hielt es für falsch, in eine innerdeutsche Angelegenheit einzugreifen. Seine Regierung wollte Neutralität, und selbst wenn ein unabhängiger Rheinstaat im Interesse der Alliierten läge, würde die Unterstützung der Alliierten für Smeets und andere Protagonisten diese in den Augen ihrer Landsleute diskreditieren. Der amerikanische Vertreter unterstützte seinen britischen Kollegen, hatte aber kein Stimmrecht.

Gegen das Votum des britischen Vertreters verlangte die Rheinlandkommission Anfang Dezember 1921 Smeets‘ sofortige und vorbehaltlose Freilassung. Smeets wurde auf freien Fuß gesetzt. Die Reichsregierung wies ihre Vertreter in Paris, Brüssel und London an, dagegen Protest zu erheben.

Doch der Fall ging im nächsten Jahr weiter. Anfang 1922 einigten sich die Alliierten Kommissare, den Fall den deutschen Gerichten zu überlassen, behielten sich aber vor, vor der Vollstreckung einer Strafe zu intervenieren. Das erste Halbjahr 1922 hindurch stand Smeets immer wieder vor Gericht und wurde im Juni in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen.

Die Rheinlandkommission war weiter uneins. Während Tirard verlangte, dass die Strafe nicht vollstreckt werden dürfe, forderte der britische Vertreter Gegenteil. Am 28. September kam man wieder zusammen. Der französische und der belgische Vertreter überstimmten ihren englischen Kollegen, die Strafen gegen Smeets durfte nicht vollstreckt werden. General Allen hatte seinen britischen Kollegen unterstützt, doch er hatte nur beratende Funktion, kein Stimmrecht.

Die deutsche Seite war sehr aufgebracht. Doch schließlich fand man, dass die ganze zusätzliche Presse Smeets eher half. Zu seiner Enttäuschung sah Smeets, dass das Interesse an ihm und seiner Sache zusehends schwand.

Major General Allen rettet den Ehrenbreitstein

In einem setzte sich Major General Allen auch ohne Stimmrecht durch. Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrags sollte die Festung auf dem Ehrenbreitstein geschleift werden. Doch Allen war dagegen und setzte sich beim französischen Marschall Ferdinand Foch vehement für sie ein. Am 25. Februar 1922 verfügte die Interalliierte Militär-Kontrollkommission offiziell die Erhaltung der Festung Ehrenbreitstein.

Zur Jahresmitte 1922 zogen verbliebenen American Forces in Germany ab. Zum Bedauern des Major Generals, der zwar die USA sobald als möglich entlasten wollte, jedoch den Frieden am Rhein und ein Wiederaufblühen von Handel und Wandel noch lange nicht gesichert sah. Noch immer war die Welt aus dem Gleichgewicht, schrieb er in sein Rheinland-Tagebuch.

Joseph Smeets und die RRVP | Zum Weiterlesen
Historisches Lexikon Bayerns, Rheinisch-Republikanische Volkspartei

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