Rückzug über den Rhein

Königswinter, Fähre
Königswinter, Fähre

[Königswinter, Ende November 1918] Nach den Waffenstillstandsbedingungen musste das linke Rheinufer am 4. Dezember 6 Uhr morgens geräumt sein, so hatten es die Zeitungen berichtet.

Deshalb legte die Fähre hatte Tages- und Nachtschichten ein, um Menschen und Material vom linken auf das rechte Rheinufer zu befördern. Auch die Schiffe der Köln-Düsseldorfer und anderer Gesellschaften halfen unermüdlich. Am Südende von Königswinter und in Niederdollendorf hatten Pionierbataillone Pontonbrücken über den Rhein gebaut.

Pontonbrücken über den Rhein

Nun zogen unzählige Truppenverbände zu Fuß, zu Pferde oder auf Lastautos und sonstigen Fuhrwerken durch die Straßen. All diese Soldaten brauchten Quartiere. Die Offiziere brachte man in Privathäusern oder Hotels unter, für die Mannschaften richtete man größere Säle in Gaststätten her. Trotz der Niederlage hatte man die Straßen mit Girlanden und Fähnchen geschmückt und tat sein Bestes, die Truppen nach den verheerenden Kriegserlebnissen freundlich willkommen zu heißen.

Seit einigen Tagen glich das Städtchen einem Heerlager. Lottie, Kathi und so schnell er konnte auch Jakob eilten umher, um die vielen Menschen mit warmen Getränken zu versorgen.

Harte Bedingungen

Für die meisten Menschen in Deutschland kam die Niederlage völlig überraschend, denn bis zuletzt hatte die Kriegspropaganda den Sieg beschworen. Nun würden bald alliierte Soldaten ins Rheinland einmarschieren.

Jakob fühlte mit dem Reichstagsabgeordneten Matthias Erzberger, der für Deutschland die Waffenstillstandsverhandlungen im Wald von Compiègne geführt hatte. Nun mussten nicht des Kaisers Generäle in der Obersten Heeresleitung, sondern die demokratischen Parteien die Niederlage mit ihren bitteren Folgen verantworten.

Erzberger hatte sich verzweifelt bemüht, doch zu Verhandlungen war es kaum gekommen, denn auf alliierter Seite hatt der französische Marschall Foch die bedingungslose Annahme der Waffenstillstandsbedingungen gefordert.

Die Kernpunkte waren: Rückzug der deutschen Truppen nach Deutschland innerhalb von 15 Tagen, dann Besetzung der linksrheinischen deutschen Gebiete durch alliierte Truppen, zudem Annullierung des deutsch-russischen Friedensvertrages von Brest-Litowsk und sofortige Reparationsleistungen. Nicht einmal die Seeblockade sollte aufgehoben werden. So blieb der deutschen Delegation keine Wahl; nach Rücksprache mit Generalfeldmarschall Hindenburg unterzeichnete Erzberger am 11. November 1918 den Waffenstillstand; er trat am selben Tag in Kraft.

Jakob ahnte Schlimmes. Die Forderungen Großbritanniens und vor allem Frankreichs für den Friedensschluss würden über Wilsons 14 Punkte hinausgehen. „Giftgas, Bomben und Torpedos gegen Zivilisten, ganze Landstriche verheert .. das hat Erzberger doch nicht zu verantworten. Die schuldigen obersten Militärs werden nicht zur Verantwortung gezogen. Doch ihn werden sie dafür hassen.“

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