Kriegsjahr 1918

Panzerangriff
Panzerangriff

[USA und Deutschland, 1918] Auch in den USA bangten viele Familien um ihre Männer, Väter, Söhne und Brüder, und warteten auf Nachrichten von der Front im fernen Europa. „Safer for Democracy“ sollte die Welt werden.

Die USA kämpften für eine gerechte Sache und für den Frieden, so hatte es Präsident Wilson am 8. Januar 1918 vor dem Senat und Repräsentantenhaus dargelegt.

Chiara war nicht wirklich bereit gewesen, ihren geliebten Mann John ziehen zu lassen. Aber auf einen erfahrenen Offizier wie ihn konnte man nicht verzichten. Alle ihre Gedanken waren bei ihm. Und doch schweiften sie auch immer wieder ab zu ihrer deutschen Familie. Sophie, Andras, Lottie, Matthias, ihre Kinder .. wie mochte es ihnen gehen? Ob sie überhaupt noch lebten? Sie hatte sie als liebenswerte und offene Menschen kennengelernt, die selbst für ihre Ideale von Toleranz und Freiheit Härten hatten erdulden müssen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie so brutal waren wie „The Hun“ und so größenwahnsinnig wie „The Kaiser“.

Doch warum war Deutschland nicht auf Wilsons 14 Punkte eingegangen?

1918 – Wilsons 14 Punkte

Präsident Wilson hatte 14 Punkte umrissen, auf deren Basis ein andauernder Friede möglich wäre.

  • Öffentliche Friedensverträge und Abschaffung der Geheimdiplomatie
  • Vollkommene Freiheit der Seeschifffahrt
  • Aufhebung sämtlicher Wirtschaftsschranken
  • Rüstungsabbau (soweit verantwortlich)
  • Schlichtung aller kolonialen Ansprüche
  • Souveränität Russlands sowie seine Anerkennung als vollwertiger Staat
  • Belgien muss geräumt und wiederhergestellt werden
  • Alle französischen Gebiete sollen geräumt und wiederhergestellt werden, Rückgabe von Elsass-Lothringen
  • Italienische Grenzziehung nach dem Nationalitätenprinzip
  • Autonomie der Völker der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, keine Unterdrückung mehr
  • Wiederherstellung Rumäniens, Montenegros und Serbiens, das einen Zugang zum Meer erhalten sollte (politische/wirtschaftliche Unabhängigkeit)
  • Autonomie der osmanischen Völker (jedoch ohne Unterdrückung der Minderheiten), Durchfahrt durch die Dardanellen und den Bosporus
  • Errichtung eines polnischen Staats, unabhängig von Deutschland oder Russland mit Zugang zum Meer
  • Gründung einer „allgemeinen Gesellschaft der Nationen“ zur friedlichen Regelung von Streitigkeiten (Grundlage für den Völkerbund)

Chiara konnte nicht wissen, dass „The Kaiser“ in Deutschland längst ein Randfigur war. Seit dem erzwungenen Rücktritt des Kanzlers Bethmann-Hollweg im Sommer 1917 bestimmte die Oberste Heeresleitung die duetsche Politik, genau gesagt General Ludendorff. De facto war es eine Militärdiktatur. Hindenburg und Ludendorff lehnten Wilsons 14 Punkte entschieden ab. Sie hofften, mit den im Osten frei gewordenen Divisionen den Sieg an der Westfront zu schaffen, bevor die amerikanischen Truppen eingreifen konnten.

Revolution in Russland

Im Osten waren Zar Nikolaus II. und sein Reich Vergangenheit. Nun herrschten die Bolschewisten mit Lenin an der Spitze. Dabei hatte auch die kaiserliche Regierung ihre Finger im Spiel gehabt. Als die gemäßigte provisorische Regierung nach der Abdankung des Zaren im Februar 1917 den Krieg weiterführte, ermöglichten OHL und Reichsregierung Lenins Rückreise aus dem Schweizer Exil in einem besonderen Eisenbahnwaggon.

Seit Ende Dezember wurde in Brest-Litowsk über den Frieden verhandelt. Doch im Februar 1918 brach Trotzki nach einem deutschen Ultimatum die Friedensverhandlungen ab. Eine erneute Offensive „Operation Faustschlag“ folgte. Im März 1918 unterschrieb Lenin den sehr harten Frieden von Brest-Litowsk. Einige Monate später wurden der Zar und seine Familie ermordet.

Frühjahrsoffensive 1918

Nun wollte die OHL die Entscheidung im Westen erzwingen. Am 21. März 1918 begann die deutsche Frühjahroffensive. Es gelangen ihr Durchbrüche durch die Front; seit der Marne-Schlacht 1914 standen deutsche Truppen nicht mehr so nahe vor Paris. Doch die Truppen waren völlig erschöpft, und neue kamen nicht nach. Über Frankreich tobten Luftkämpfe, bei einem Angriff alliierter Flugzeuge auf Bonn starben 26 Menschen.

Kaiser Karl von Österreich-Ungarn kompromittiert sich

Anfang April 1918 in Wien trumpfte der k.u.k. Außenminister mächtig auf; er sprach von der Schwäche der Kriegsgegner, Frankreich habe sogar wegen eines Separatfriedens Kontakt aufgenommen. Doch der französische Ministerpräsident Clemenceau wusste um die Geheimkorrespondenz Kaiser Karls mit der französischen Regierung aus dem letzten Jahr. Über seinen Schwager Prinz Sixtus von Bourbon-Parma sich Karl an die französische Regierung gewandt und für einen Friedensschluss sogar die Rückgabe Elsass-Lothringens an Frankreich akzeptiert. Nun informierte Clemenceau die Presse und ließ Teile der Schriftstücke veröffentlichen.

Das schlug in Österreich-Ungarn und in Deutschland wie eine Bombe ein; der Kaiser war bloßgestellt, seine Glaubwürdigkeit war bei Freund und Feind dahin. Kaiser Wilhelm II. zitierte ihn ins deutsche Hauptquartier in Spa. Im Mai 1918 musste Karl eine Vereinbarung unterzeichnen, in der er sich der Kriegspolitik Deutschlands unterwarf. Für den Krieg müsse man die „Volkskraft restlos ausnützen“, hieß es da.

Joscha Csabany war am Boden zerstört. Das war es wohl für Österreich-Ungarn, dachte er. Nun würde sich keiner mehr für seinen Fortbestand stark machen. Auch die USA, die lange Zeit Wien gegenüber konzilianter waren als gegenüber Berlin, würden sich vollends auf die Seite der nach Unabhängigkeit strebenden Völker stellen und die Auflösung der Donaumonarchie unterstützen.

Sommer 1918 – Gegenoffensive

Im Sommer wendete sich das Blatt. In der OHL hatte man die USA vollkommen unterschätzt, denn die Amerikaner trafen schneller in Europa ein als erwartet. Nun begannen die großen Gegenoffensiven der Alliierten, unterstützt von frischen US-amerikanischer Truppen. Dabei setzte die Entente nun massiv die neuen Panzer ein, doch die Deutschen hatten ihnen nichts entgegenzusetzen, denn die OHL hatte sie nicht für kriegsentscheidend gehalten. Das war ein fataler Fehler. Die Verstärkung durch die Amerikaner und die neue Panzer brachten die Entscheidung für die Alliierten; die deutsche Front musste zurückgenommen werden.

Die Lage ist aussichtslos

Am 8. August 1918 begann die Schlussoffensive der Alliierten. Am 14. September schlug Österreich-Ungarn den Alliierten die Aufnahme von unverbindlichen Friedensverhandlungen vor; auch Bulgarien und die Türkei legten die Waffen nieder.

Die deutsche Siegfriedstellung wurde am 27. September 1918 von britischen Divisionen durchbrochen. Da es östlich von ihr keine militärischen Befestigungsanlagen des Deutschen Reichs mehr gab, bestand seitdem die akute Gefahr, dass die deutsche Westfront zusammenbrechen würde. Am 29. September, im Hauptquartier im belgischen Spa, drängte Ludendorff die Reichsregierung, sofort Waffenstillstandsverhandlungen aufzunehmen.

„Revolution von oben“ – die Oktoberverfassung

Da allen klar war, dass Präsident Wilson nur mit einer demokratische Regierung verhandeln würde, ernannte der Kaiser den liberal gesinnten Prinz Max von Baden zum Reichskanzler. Der nahm in sein Kabinett Sozialdemokraten und Zentrumspolitiker auf. Nach einer eiligen Verfassungsänderung war der Kanzler war nicht mehr dem Kaiser, sondern dem Parlament verantwortlich, und endlich wurde auch in Preußen das Dreiklassenwahlrecht abgeschafft. Diese Oktoberreformen machten aus dem Kaiserreich eine parlamentarische Monarchie. Zugleich mussten jetzt nicht mehr Kaiser und OHL, sondern die demokratischen Parteien die Verantwortung für das Waffenstillstandsgesuch und die Niederlage mit allen Konsequenzen übernehmen. „Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrockt haben“, so Ludendorffs zynischer Kommentar.

Waffenstillstandsgesuch

Als Grundlage für Friedensverhandlungen betrachtete man von deutscher Seite Wilsons 14 Punkte. Solange man noch an einen Sieg glaubte, hatte die OHL sie strikt abgelehnt. Nun schienen sie die einzige Chance, gemäßigte Friedensbedingungen zu bekommen.

Erst jetzt erfuhren der Reichskanzler und seine Mitarbeiter die volle Wahrheit über die militärische Katastrophe. Sie waren zutiefst geschockt, denn bis zuletzt hatte die OHL vom möglichen Sieg gesprochen. Doch es blieb keine Wahl; in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober musste Reichskanzler Max von Baden Präsident Wilson um Waffenstillstand und Frieden auf der Grundlage der 14 Punkte bitten. Wilson verlangte die Räumung der besetzten Gebiete und die Einstellung des U-Boot-Krieges. Zudem war er nicht bereit, „mit den militärischen Beherrschern und monarchistischen Autokraten“ zu verhandeln, mit anderen Worten: der Kaiser musste abdanken. Jetzt machte Ludendorff eine Kehrtwendung, hielt diese Forderungen für unannehmbar und ordnete sogar an, den Kampf mit äußerster Kraft fortzusetzen. Er überwarf sich mit dem Kaiser und wurde am 26. Oktober entlassen. Später leugneten er und Hindenburg, dass sie je von einer militärischen Niederlage gesprochen hätten.

Am 5. November teilte Wilson der Reichsregierung mit, dass nach der Annahme seiner Vorbedingungen der Waffenstillstand ausgehandelt werden könnte. Zehn Millionen Tote und 20 Millionen Verletzte hatte der Erste Weltkrieg gefordert.

Ein Brief von der Front

Auch Chiara im fernen Amerika atmete auf. Endlich schwiegen die Waffen; ihr John lebte und war wohlauf. Doch durch seine Briefe spürte sie, wie sehr der schreckliche Krieg auch ihn verstört hatte. „Du kannst Dir nicht vorstellen, wie verheerend es ist“, schrieb John, „ganze Regionen sind zerstört, durch Minen und Giftgas auf Jahre hin eine lebensfeindliche Umgebung. Unsere ganze Technik und Industrie hat ein solches Zerstörungspotential hervorgebracht, und die Militärs machen gnadenlos davon Gebrauch.“

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