[Deutschland, 1932] Den Freistaat Preußen gab es nicht mehr, die Extremisten hatten gesiegt, Hitlers SA terrorisierte die Straße. Der Sozialdemokrat Max war in Gefahr. Kathi und er dachten an Amerika.
Doch man verlässt nicht so einfach die Heimat. Auch Max hing mit allen Fasern an seiner Heimat, und wie konnte er in einer solchen Notsituation gehen? Und überall war Not und Elend.
Max fuhr mit Kathis Auto umher, verteilte das wenige, was Bergmanns auftreiben konnten, und half wo er konnte. Er unterstützte die Gemeinden beim Reparieren von Straßenbeleuchtung, reparierte die Stühle und Tische in Schulräumen und dichtete Fenster ab. Bald erreichten ihn immer mehr Hilferufe. Die dankbaren Blicke taten ihm wohl, und doch nagten die Ungerechtigkeit und die Sorgen sehr an ihm.
Was er bei seinen Fahrten sah, verstörte ihn zutiefst. Noch immer war das Zentrum die stärkste Kraft im traditionsbewusst-katholischen Rheinland, doch die Braunen machten sich immer mehr breit. Von Papen hatte das SA-Verbot aufgehoben, nun hatten die Schlägertrupps freie Bahn. Nachdem nun auch der Freistaat Preußen gefallen war, man sogleich die republiktreuen Beamten entlassen und durch linientreue ersetzt hatte, ließ die Polizei sie zumeist gewähren. Schon bald ließen sein Schwager Walter und sein Schwiegervater Matthias ihn nicht mehr allein fahren.
Reichstagswahl vom Juli 1932
Inzwischen war der Wahlkampf weiter gegangen. Die NSDAP setzte auf die Anziehungskraft von Adolf Hitler und warb mit dem wirksamen Slogan „Arbeit und Brot.“ Der Wahlkampf im Sommer 1932 war der gewalttätigste, den die Republik je erlebt hatte. Innerhalb eines Monats gab es 99 Tote und 1125 Verletzte. Es gab es immer mehr und immer blutigere Straßenkrawalle, Saalschlachten und Schießereien, vor allem zwischen SA und RFB. Auch in Oberkassel und Honnef wurde geschossen.
Selbst am Wahltag, dem 31. Juli 1932, gingen die Gewalttätigkeiten weiter, es gab 12 Tote. Trotz allem war die Wahlbeteiligung mit 84,1 % hoch. Klare Wahlgewinner wurden die Nationalsozialisten. Mit 37,3 Prozent der Stimmen konnten sie ihr Ergebnis von 1930 fast verdoppeln und stellten nun die weitaus stärkste Fraktion im Reichstag. Die NSDAP hatte in vielen Milieus punkten können; am wenigsten noch im katholischen, doch auch dort waren ihr gewaltige Einbrüche gelungen. In Honnef hatten 25,8 %, in Königswinter 21,1%, in Oberkassel 16,2 Prozent und in Oberpleis 9,9 Prozent die NSDAP gewählt.
Machtkämpfe
Als Vorsitzender der stärksten Partei wollte Hitler Reichskanzler werden, doch Hindenburg lehnte ab. Die Beteiligung an einer Koalitionsregierung unter Papen lehnte Hitler ab. Darauf hatte dieser spekuliert. Die alten konservativen Eliten wollten zurück an die Macht, waren aber mit ihrem Latein am Ende und hofften, Hitler und seine Bewegung in ihrem Sinne einspannen zu können. Hitler aber war zu keinem Kompromiss bereit und ging nun in schärfste Opposition gegen die Regierung Papen.
Das Kabinett Papen regierte weiter ohne parlamentarische Unterstützung, allein mit Notverordnungen des Reichspräsidenten. Doch NSDAP und KPD hatten zusammen eine absolute Mehrheit der Reichstagsmandate, eine negative Mehrheit, mit der sie jede Notverordnung aufheben und jede Regierung zum Rücktritt zwingen konnten. Der neu gewählte Reichstag kam am 30. August zur konstituierenden Sitzung zusammen, der Nationalsozialist Hermann Göring wurde Reichstagspräsident.
Bei der einzigen regulären Sitzung am 12. September stellte die KPD gleich einen Misstrauensantrag gegen Kanzler von Papen. Der wollte sprechen, doch Reichstagspräsident Göring erteilte ihm nicht das Wort, sondern ließ gleich über das Misstrauensvotum der KPD abstimmen. Daraufhin legte von Papen die Auflösungsorder des Reichspräsidenten auf Görings Pult und verließ mit seinen Ministern den Reichstag. Damit war sie rechtkräftig. Mit überwältigender Mehrheit sprach der Reichstag Papen das Misstrauen aus, nur die Abgeordneten der DNVP und der DVP hatte der Kanzler hinter sich, das waren gerade einmal 10 Prozent
Reichstagswahl vom November 1932
Bei den zweiten Reichstagswahlen des Jahres am 6. November 1932 siegte die KPD, während die NSDAP Sitze verlor. Bis auf 5 Prozent kam die KPD an die SPD heran, beide Linksparteien waren zusammen stärker als die NSDAP, doch die Feindschaft der KPD gegen die „Sozialfaschisten“ von der SPD war unüberbrückbar. Die Nationalsozialisten hatten Stimmen verloren, viele mittelständische und bürgerlichen Wähler waren verschreckt von ihrer Gewalttätigkeit und auch, weil die NSDAP bei einem Verkehrsarbeiterstreik in Berlin mit der KPD zusammengegangen war.
Zu den Gewinnern gehörte auch DNVP, die das Kabinett von Papen stützte. Die Regierung profitierte dabei offenbar von den ersten Anzeichen einer ökonomischen Erholung. Auch in der Siebengebirgsregion hatte die NSDAP Stimmen verloren: im Siegkreis 18,3 Prozent, in Honnef 18,4 Prozent, in Königswinter 14,8 Prozent, in Oberkassel 11,7 Prozent und in Oberpleis 8,1 Prozent.
Staatsstreichspläne
Doch die Radikalen hatten weiter die Mehrheit im Reichstag. Es war zu erwarten, dass auch der neue Reichstag jeder Regierung wieder das Misstrauen aussprechen und Notverordnungen aufheben würde. Papen schlug daher einen Bruch der Verfassung vor. Der Reichspräsident sollte den Reichstag auflösen und bis auf weiteres keine Wiederwahl zulassen, dafür eine Präsidialverfassung einführen. KPD und NSDAP sollten verboten werden. Die Reichswehr sollte etwaige Aufstände niederschlagen. Doch Wehrminister General Kurt von Schleicher war dagegen. So würde man Hitler die Gelegenheit geben, argumentierte er, den Reichspräsidenten und die Reichsregierung ins Unrecht zu setzen. Dann könnte ein Volksaufstand losbrechen, doch einem Kampf gegen rechts und links wäre die Reichswehr nicht gewachsen.
Da auch Hindenburg vor einem Verfassungsbruch und einem Bürgerkrieg zurückschreckte, musste er zu seinem eigenen Bedauern den Rücktritt des Kabinetts von Papen annehmen. Hindenburg sah durchaus, dass Millionen wie er national gesinnter Menschen hinter Hitler standen und war bereit, Hitler an der Regierung zu beteiligen. Doch wieder forderte Hitler die Kanzlerschaft, und wieder lehnte Hindenburg ab. Auch eine Eingabe führender Industrieller, verfasst vom ehemaligen Reichsbankpräsidenten Schacht, konnte ihn nicht umstimmen. Anfang Dezember ernannte er General von Schleicher zum Reichskanzler.
Kanzlerschaft Schleichers
Der sah endlich seine Stunde gekommen. Schon länger hatte er eigene Machtpläne geschmiedet und heimlich mit dem linken Flügel der NSDAP um Gregor Strasser eruiert, ob er für eine gemeinsame Regierung zur Verfügung stände. Schleicher hoffte, die Hitler-Bewegung so zu spalten und als „sozialer General“ mit Strasser und den freien Gewerkschaften eine „Querfront“ durch die politischen Lager zu bilden, die ein Arbeitsbeschaffungsprogramm und andere Maßnahmen gegen die große Not auf den Weg bringen konnte.
Beim Reichspräsidenten stieß er damit auf wenig Gegenliebe. Ein General, der einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus suchte und dazu mit Linken und Gewerkschaftern zusammenarbeiten wollte, war ihm unbegreiflich.
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