200 Jahre Rheinprovinz, Blick von Rolandseck auf den Rhein und das Siebengebirge

Geschichten aus der Preußischen Rheinprovinz von 1815 bis 1933

Was hatten denn die Preußen am Rhein verloren? Nun, das hat sich König Friedrich Wilhelm III. vielleicht auch gefragt, als ihm der Wiener Kongress 1814/1815 das Rheinland und Westfalen zusprach. Als preußische Bürger erlebten die Rheinländer das Königreich Preußen, die Märzrevolution 1848 und dann die Kaiserzeit. Schließlich die Katastrophe des Ersten Weltkriegs und die Weimarer Republik. Aus dem Königreich Preußen wurde der Freistaat Preußen. Vor gut 200 Jahren besetzten alliierte Truppen das Rheinland; Aufstände und große Not erschütterten die junge Weimarer Republik.

Doch Geschichtsbücher berichten längst nicht alles..
Da gibt es viel über Kaiser und Könige, Kurfürsten und Erzbischöfe, aber von Menschen wie Ihnen und mir ist meist nicht die Rede. Deshalb graben wir hier beim Rheindrachen ein bisschen tiefer und begleiten zwei fiktive Familien vom Rhein, die Limbachs und die Bergmanns, durch die Jahre von 1815-1933.

Die Limbachs sind eine deutsch-belgische Familie. Auch ich habe einige glückliche Jahre in Belgien verbracht. Sie betreiben in ihrem "Stübchen" am Rhein eine kleine Gastwirtschaft und eine Second Hand Hut- und Kleiderwerkstatt. Sie sind auch überzeugte Demokraten, erleiden Schikanen, müssen gar ins Exil. Später heiratet Sophie Limbach nach Österreich-Ungarn und wird Gräfin Csabany, wodurch die Familie noch etwas bunter wird. Die Bergmanns haben ein Weingut am Fuß des Drachenfelses. Sie haben Verwandte in den USA, nachdem die Brüder Niklas und Heinrich Bergmann mit ihrer Mutter in die USA aus gewandert sind. Familie und Freunde halten engen Kontakt.

  • Stadtpalais Düsseldorf. Stübchen
    Kapitel

    Vor 1815

    Nach dem Sieg über Napoleon 1813 war es mit dem Großherzogtum Berg vorbei; die französischen Amtsträger flohen. Nach vielen Jahren als Näherin in der Residenz Düsseldorf kehrte „Oma“ Limbach in ihr Häuschen zurück. In ihrem Gepäck hatte sie die goldenen Litzen und prächtigen Stickgarne für Gala-Uniformen, die nun niemand mehr brauchte. | Zum Kapitel
  • Rhein, Siebengebirge, Metternich
    Kapitel

    1815-1871 | 1

    Das Rheinland im Königreich Preußen. Kronprinz Friedrich Wilhelm besucht den Drachenfels. Der Vormärz ist eine Zeit großer kultureller Blüte, aber auch eine Zeit politischer Unterdrückung und großer sozialer Not. Oma Limbach, ihr Sohn Hubert und ihre Schwiegertochter Henriette bauen sich im „Limbach-Stübchen“ eine neue Existenz auf. | Zum Kapitel
  • Heines Wintermärchen auf dem Weg nach Amerika
    Kapitel

    1815-1871 | 2

    Oma Limbach gab alten Kleidern und Hüten neuen Chic, Henriette, die Brüsselerin, schenekt Schokolade aus. Enkelin Anni gründete mit Dampferkapitän Jean eine Familie. Hubert war Lehrer und ein aufrechter Demokrat. Doch Presse und Literatur wurden zensiert, und missliebige Personen als Demagogen verfolgt. Hubert hielt engen Kontakt zu seinen Cousins, die in die USA ausgewandert waren. | Zum Kapitel
  • Bonn 1848, Kinkel und Schurz
    Kapitel

    1815-1871 | 3

    Die Wut und die Not der Menschen entluden sich in der Märzrevolution. Die Bonner Demokraten sammelten sich um Professor Gottfried Kinkel und und seinen Studenten Carl Schurz. Doch die Revolution scheiterte, und Demokraten waren in großere Gefahr. Huberts Familie wurde verleumdet und ging zu den Verwandten seiner Frau Henriette nach Brüssel. Cousin Lorenz floh in die USA. | Zum Kapitel
  • Sophie Csabany an der Donau
    Kapitel

    1815-1871 | 4

    Jahre später entließ der Regent Prinz Wilhelm von Preußen den stockkonservativen Oberpräsidenten der Rheinprovinz. Die Menschen atmen auf. Endlich konnte Huberts Familie zurückkehren. Enkelin Sophie, eine begabte Hutmacherin, setzte Oma Limbachs Tradition fort. Dann verliebte sie sich in den österreichischen Diplomaten Graf Andras Csabany. Mit dem drohenden Deutschen Krieg begann für die beiden eine schwere Zeit. | Zum Kapitel
  • Margarethenhöhe zur Kaiserzeit
    Kapitel

    1871-1914 | 1

    Deutschland war geeint, Kaiser Wilhelm I. und sein „Eiserner Kanzler“ Bismarck prägten diese Jahrzehnte. Doch die Hoffnungen der Demokraten hatten sich nicht efüllt. Es war die Belle Epoque. Auch am Rhein ließ es sich gut leben. Der Verschönerungsverein für das Siebengebirge baute Wege und stellte Bänke auf, Zahnradbahnen fuhren zum Drachenfels und zum Petersberg. | Zum Kapitel
  • Königswinter 1902
    Kapitel

    1871-1914 | 2

    Endlich können Sophie und ihr Mann Graf Andras glücklich leben. Andras ist ein geachteter Diplomat, Sophie baut ein Ausbildungs- und Austauschprogramm für Hutmacherinnen auf. Ihre Kinder Lottie und Joscha erleben eine Zeit. Joscha wird Diplomat, Lottie wird Winzerin und heiratet auf das Weingut Bergmann. Das „Stübchen“ wird ein Kolonialwarenladen. | Zum Kapitel
  • Neues Palais, Potsdam, Wilhelm II.
    Kapitel

    1871-1914 | 3

    Um die Jahrhundertwende nahmen die Spannungen in der Welt immer mehr zu. Csabanys sahen es mit großer Sorge: Kaiser Wilhelm II. säbelrasselnde Weltpolitik, Kaiser Franz Josephs Expansion auf dem Balkan, und ihnen gegenüber die Entente mit England, Frankreich und Russland. Der Kriegsausbruch 1914 stürzt die Welt in eine Katastrophe. | Zum Kapitel
  • Garnisonsstadt Bonn
    Kapitel

    1914-1919 | 1

    Millionen Menschen fielen im Krieg, verhungerten oder wurden verkrüppelt. Noch mehr Opfer fordert die Spanische Grippe. Lotties Mann Matthias musste an die Front. Ihre Kinder Kathi und Walter betrieben im „Stübchen“ eine Suppenküche. 1917 traten die USA in den Krieg ein, mit der Truppe kamen auch amerikanische Verwandte an den Rhein. | Zum Kapitel
  • Novemberrevolution in Berlin
    Kapitel

    1914-1919 | 2

    Die Novemberrevolution fegte Kaiser Wilhelm, das Kaiserreich und auch das Königreich Preußen hinweg; Deutschland wurde Republik. Auch in Köln und Bonn übernahmen Arbeiter- und Soldatenräte. Preußen blieb bestehen, und wurde es als Freistaat Preußen eine Stütze der jungen Weimarer Republik. Kathi traf ihren Freund Max aus Kindertagen wieder, der nun Leutnant und Eisenbahn-Ingenieur war. | Zum Kapitel
  • Alliierte Rheinlandbesetzung
    Kapitel

    1919-1933 | 1

    Die Niederlage war für die meisten Menschen überraschend gekommen. Nun musste Deutschland einen harten Friedensvertrag unterschreiben, und die Alliierten besetzen das Rheinland. Die junge Weimarer Republik stand vor überwältigen Problemen, und die Extremisten von rechts geben den Demokraten die Schuld daran. Nach Aufhebung der Kontaktsperre durften die amerikanischen Verwandten bei der Truppe zu ihren deutschen Verwandten reisen. | Zum Kapitel
  • Alliierte Patrouille am Rhein, Bonn
    Kapitel

    1919-1933 | 2

    Aus ihrer Liebe schöpften Kathi und ihr Mann Max Kraft. Doch das Krisenjahr 1923 mit Ruhrbesetzung und passivem Widerstand, Hyperinflation, Separatistengefechten und Putschen brachte alle ans Ende ihrer Kraft. Nur langsam ging es wieder aufwärts. Wenige Jahre des Aufschwungs waren der Weimarer Republik vergönnt, dann riss die Weltwirtschaftskrise 1929 auch Deutschland in den Abgrund. | Zum Kapitel
  • Zerstörtes jüdisches Kaufhaus Wertheim, Berlin
    Kapitel

    1919-1933 | 3

    Millionen Menschen waren arbeitslos und verelendeten. Die Radikalen gewannen die Oberhand, die parlamentarische Demokratie war am Ende. Wieder war das „Stübchen“ Anlaufstelle für notleidende Menschen. Kathis Familie spürte, welche Gefahr der Demokratie von den Nationalsozialisten drohte. Nach dem Preußenschlag wurde der Sozialdemokrat Max verfolgt. Schweren Herzens entschlossen sie sich, mit ihren Kindern zu ihren Verwandten in den USA zu gehen. [...]
  • Blick von Rolandseck auf Rhein und Siebengebirge
    Kapitel

    Nach 1933

    Von Amerika aus sahen Kathi und Max, wie ihr Heimatland zu Nazi-Deutschland wurde. Ihre Kinder wuchsen in den USA heran und gründeten dort eigene Familien. Als ältere Herrschaften kamen Kathi und Max zurück in die alte Heimat. Auf dem Bonner Marktplatz erlebten sie 1962 den Besuch General de Gaulles. | Zum Kapitel

Vor gut 100 Jahren musste die junge Weimarer Republik um ihr Überleben kämpfen. Das neue, demokratische Preußen, der Freistaat Preußen, wurde ein "Bollwerk der Demokratie", wie Gustav Stresemann sagte. Doch man liest mit blutendem Herzen, wie wenig aufrechte Demokraten damals galten, ganz zu schweigen vom Nationalsozialismus.

Geschichte, ja, hundert Jahre her .. aber was erleben wir heute? Eine Verrohung der Sprache und der Sitten, einen Verfall an politischer Kultur, ein dramatisches Erstarken der Rechtsextremen. Auch deshalb sehen Sie unten Reichskanzler Wilhelm Marx. Er leitete vier Kabinette und bemühte sich stets um Verständigung innerhalb des demokratischen Lagers, auch als die Extremisten von rechts und links immer stärker wurden.

Überlassen wir das Feld nicht den Hasspredigern und Populisten!

Wohltätigkeits-Festessen im Adlon, Berlin, mit dem amerikanischen Wohltäter Prof. Baruch, Reichspräsidenten Ebert und Reichskanzler Marx
Ein Festtessen, veranstaltet von dem amerikanischen Professor Emanuel Baruch, dem Wohltäter tausender deutscher Kinder unter Anwesenheit des Herrn Reichspräsidenten Ebert und der Reichsregierung im Hotel Adlon. In der Mitte Reichspräsident Ebert und Professor Emanuel Baruch, ganz rechts Reichskanzler Marx, ganz links Rufus Gutten Dawes. 17.10.24

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